Antikoagulanzien der ersten Generation

Alle gerinnungshemmende Rodentizide haben die gleiche Wirkungsweise, d.h. es kommt zu einer Störung der Synthese von Gerinnungsfaktoren, die zu Blutung und Tod führt. In den Leberzellen wird das biologisch inaktive Vitamin K 1 -2,3-Epoxid durch ein mikrosomales Enzym in biologisch aktives Vitamin K reduziert, das für die Synthese von Prothrombin und anderen Gerinnungsfaktoren entscheidend ist. Rodentizide auf Antikoagulanzienbasis wirken gegen das Enzym Vitamin K 1 -Epoxid-Reduktase (VKOR) in der Leber, was zu einer allmählichen Verarmung des Vitamins und folglich von Vitamin K-abhängigen Gerinnungsfaktoren führt. Dadurch wird die Blutgerinnungszeit soweit verlängert, bis der Gerinnungsmechanismus versagt. Antikoagulanzien werden weltweit hauptsächlich für die Bekämpfung von kommensalen Nagetieren, hauptsächlich von Wanderratten, Hausratten und Hausmäusen, eingesetzt. Es wurden etwa zehn gerinnungshemmende Rodentizide auf den Markt gebracht. Zur Veranschaulichung von deren Eigenschaften werden einige davon im Folgenden beschrieben. Die meisten wurden für die Bekämpfung von kommensalen Nagetieren auch in Europa registriert.

Die Antikoagulanzien der ersten Generation kamen in den frühen 1950er Jahren auf den Markt und revolutionierten die Nagerbekämpfung aufgrund ihrer herausragenden Sicherheit und Wirksamkeit. Die Antikoagulanzien der zweiten Generation wurden eingeführt, um Resistenzen gegenüber Wirkstoffen der ersten Generation zu überwinden, die erstmals in den späten 1950er Jahren beobachtet wurden.

Warfarin ist das erste gerinnungshemmende Rodentizid der ersten Generation. Es wird in Nagerköder angewendet, seit es im Jahr 1947 eingeführt wurde. Warfarin hemmt wie die anderen Antikoagulanzien die Synthese von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren. Die Symptome einer Vergiftung treten nicht plötzlich auf, und der Tod der Ratten erfolgt innerhalb von ca. 5 - 7 Tagen nach der ersten Einnahme. Die akut letale Dosis LD50 beträgt bei Ratten 50-100 mg/kg, wogegen tägliche Dosen von je 1 mg/kg für 5 Tage zum Tod von Ratten in 5-8 Tagen führen.

Chlorophacinon und Diphacinon sind Antikoagulanzien aus der Klasse der Indandione, die sich in ihrer chemischen Zusammensetzung von Hydroxycumarinen-Antikoagulanzien wie Warfarin oder Brodifacoum unterscheiden. Diphacinon ist toxischer als Warfarin für die meisten Arten von Ratten und Mäusen. Klinische und postmortale Anzeichen von Toxikosen entsprechen denen bei anderen Antikoagulanzien. In Bezug auf die Persistenz in der Leber ähneln sich Diphacinon und andere Antikoagulanzien der ersten Generation insofern, dass beide schnell abgebaut werden, und nicht bioakkumulierbar sind wie die Antikoagulanzien der zweiten Generation. Chlorphacinon hat ähnliche Eigenschaften wie Diphacinon, ist jedoch potenter.

Coumatetralyl wurde 1957 eingeführt, wird weltweit vermarktet und ist potenter als Warfarin und einige andere Wirkstoffe der ersten Generation. Es wird als Streupulver oder als Getreideköder, Wachsblock oder Pastenköder zur Nagerbekämpfung eingesetzt. Wie andere gerinnungshemmnde Rodentizide hemmt Coumatetralyl die Bildung von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren. Es ist weniger persistent (bei subletal vergifteten Tiere) als Brodifacoum, aber persistenter als Diphacinon, und ähnelt sonst in seiner Charakteristik den anderen gerinnungshemmenden Rodentiziden.

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