Nicht-Antikoagulanzien

Bei Nagetieren, die gegen Antikoagulanzien resistent sind, soll der Einsatz von nicht gerinnungshemmenden Rodentizide in die Überlegungen einbezogen werden. Diese sind im Allgemeinen nicht von der physiologischen Resistenz gegen Antikoagulanzien betroffen und sind daher eine gute Option bei dem Management von Resistenzen (siehe auch Resistenzbekämpfung). Es handelt sich jedoch hauptsächlich um ältere Produkte und der Hauptnachteil vieler von ihnen ist, dass sie nicht so zuverlässig wirken wie Antikoagulanzien. Einige der Wirkstoffe haben eine schnelle Wirkung und erfodern Vorköder. Dies wird durchgeführt, um Neophobie (die Angst vor neuen Objekten) zu überwinden, aufgrund dessen insbesondere Wanderratten anfangs zögern, nach neuartigen Nahrungsmittel wie Rodentizidköder zu greifen. Beim Vorködern wird der unvergiftete Köder (das ist der Vorköder) an den Köderpunkten für einen gewissen Zeitraum angewendet, bis die Nagetiere diese freiwillig fressen. Erst dann werden unvergiftete Köder durch vergiftete Köder ersetzt. Natürlich sollte der Vorköder dem zum Tragen des Giftes vogesehenen Köder so ähnlich wie möglich sehen, damit Nagetiere damit vertraut werden. Im Gegensatz zu den Antikoagulanzien gibt es für akute Gifte kein Gegenmittel und die Behandlung von kakzidentellen Vergiftungen ist sehr schwierig. (siehe auch Akut wirkende Substanzen )

Zinkphosphid

Zinkphosphid wird in Ködern in Konzentrationen im Bereich von 1 bis 5% angewendet, wobei 2% am häufigsten angewendet werden. Gebrauchsfertige Formulierungen sind insbesondere in den USA erhältlich. Zinkphosphid wirkt durch die Entwicklung von Phosphingas im Magen, wobei das Gas in den Blutstrom gelangt und Herzversagen und Schädigung der inneren Organe verursacht. Es gibt kein spezifisches Gegenmittel. Es ist dafür bekannt, Köderschüchternheit zu verursachen, wenn widerwillige Esser eine subletale Menge an Köder nehmen, überleben und sich weigern, den Köder wieder zu fressen. Trotz seines weitverbreiteten Einsatzes sind nur wenige Informationen über Zinkphosphid aus gut durchgeführten Versuchen verfügbar. In einer Reihe von Anwendungen auf britischen Bauerhöfen durch erfahrene Anwender, die Vorköder verwendeten, wurden 84% der Wanderratten bekämpft. Dennoch ist dieser Wirkstoff eines der wirksamsten derzeit verfügbaren akuten Rodentizide und war wahrscheinlich das am weitesten verbreitete Rodentizid für alle Zwecke, einschließlich der kommensalen Nagerbekämpfung, bis zur Einführung der gerinnungshemmende Rodentizide der ersten Generation.

Natriumfluoracetat

Natriumfluoracetat wird oft als Verbindung 1080 bezeichnet. Es ist sehr giftig für Nagetiere und andere Säugetiere. Es wird in Ködern verwendet, die zwischen 0,08 und 0,5% des Wirkstoffs enthalten. Verbindung 1080 wirkt durch Blockieren des Tricarbonsäurezyklus, was zu Krämpfen und Tod führt. 1080 ist unspezifisch und muss beim Einsatz sehr sorgfältig angewendet werden. Aufgrund der hohen Toxizität des Materials, des fehlenden Gegengifts und seiner sekundären Gefahren ist der Einsatz von Verbindung 1080 in den wenigen Ländern, wie Australien und Neuseeland, wo es weiterhin eingesetzt wird, sorgfältig geregelt.

Alpha-Chloralose

Alpha-Chloralose ist ein Rauschmittel mit einer schnellen Wirkung. Es verlangsamt Gehirnaktivität, Herzfrequenz und Atmung, was zu Unterkühlung und Tod führt. Es wird gegen Mäuse unter kalten Bedingungen empfohlen. Eingesetzte Alpha-Chloralose-Köder enthalten 2-4% der aktiven Substanz. Die jüngsten Entwicklungen in Europa haben zur Einführung mehrerer gebrauchsfertiger Formulierungen geführt.

Calciferole

Cholecalciferol (d.h. die natürlich vorkommende Verbindung - Vitamin D3) und sein naher Verwandter Ergocalciferol (Vitamin D2) werden seit vielen Jahren bei der Bekämpfung von Nagetieren in Ködern mit etwa 0,1% der aktiven Substanz eingesetzt. Ihre Wirkungsweise besteht darin, die Mobilisierung von Skelett-Calcium zu fördern, was zu Hyperkalziämie und Verkalkung von Weichteilen, insbesondere der Hauptarterien und Nieren, führt. Es gibt kein Gegenmittel, jedoch ist die Behandlung einer versehentlichen Vergiftung möglich. Mischungen von Ergocalciferol und Antikoagulanzien wurden getestet und es wurde entdeckt, dass sie effizient gegen Ratten und Mäuse sind. Es gibt Hinweise darauf, dass eine subletale Vergiftung mit Calciferol bei Wanderratten zu einem Stop-Feeding-Effekt oder zur Meidung des Köders führt. Cholecalciferol-haltige Produkte sind in einigen Ländern verfügbar, einschließlich europäischer Länder, nachdem der Wirkstoff 2019 in der EU zugelassen wurde.

Bromethalin

Bromethalin wird in Köder bei 0,005 oder 0,01% verwendet und gilt als wirksam gegen viele Nagetiere, obwohl nur wenige unabhängige Bewertungen zur Wirksamkeit veröffentlicht wurden. Anorexie tritt auf, nachdem eine wirksame Dosis eingenommen wurde. Die Wirkungsweise besteht darin, die oxidative Phosphorylierung im Zentralnervensystem zu entkoppeln, und die Symptome umfassen Zittern, Krämpfe, Prostration und Lähmung der Hintergliedmaßen. Bromethalin wird in den USA und anderswo weiterhin eingesetzt, ist jedoch in keinem der EU-Länder mehr zugelassen.

Pulverisierter Maiskolben

Dieser Wirkstoff beinhaltet komplexe Naturstoffe, hauptsächlich Zellulose (40-45%). Es wird in Köderpellets formuliert, die etwa 90% des Materials zum Einsatz als Rodentizid enthalten. Die Etiketten dieser Produkte betonen die Notwendigkeit, alle alternativen Nahrungsmittel so weit wie möglich zu entfernen. Die Wirkungsweise von pulverisiertem Maiskolben ist unklar. Die einzige unabhängige veröffentlichte Studie mit Wanderratten und Hausmäusen in Deutschland kam zu dem Schluss, dass Zellulose-basierte Rodentizide für die Bekämpfung von Wanderratten und Hausmäusen ungeeignet sind. Die Europäische Kommission hat jedoch pulverisierte Maiskolben zur Aufnahme in Anhang I der Biozid-Richtlinie zugelassen. Pulverisierter Maiskolben ist auch in anderen Ländern, einschließlich Kanada und den USA erhältlich.

Aluminiumphosphid

Diese aktive Substanz wird bei Begasungsmaßnahmen eingesetzt und am häufigsten in Nagerbauten als Pellets oder Tabletten unter Verwendung speziell konstruierter Vorrichtungen verabreicht. In der feuchten Umgebung des Nagerbaus entwickelt sich Phosphingas, das das Erdbausystem durchdringt. Diese Anwendungen werden nur für ausgebildetes Fachpersonal empfohlen, das alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen trifft und geeignete individuelle Schutzausrüstung trägt. Die Begasung von Höhlen hat den Vorteil, dass sie für Nichtzieltiere unbedenklich ist, vorausgesetzt, es wird darauf geachtet, dass nur Zielarten die begasten Höhlen besiedeln, und es gibt Berichten zufolge keine sekundäre Toxizität für aasfressende Säugetiere und -vögel.

Andere

Es gibt einige andere nicht-antikoagulierende Rodentizide, die gelegentlich eingesetzt werden, aber keines verdient hier eine weitere Betrachtung, da ihr Einsatz entweder zu gefährlich ist, um empfohlen zu werden, sie kaum erhältlich sind oder ihre Wirksamkeit nicht als sicher gegeben ist-.

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